Badiraguato

Jüngst wurde der in Anspielung auf seine Körpergröße „El Chapo“ („der Kurze“) genannte, 61-jährige mexikanische Drogenboss Joaquin Guzman von einem New Yorker Gericht der „Beteiligung an einer Verbrecherorganisation“ und anderer Delikte für schuldig befunden. Durch den Aufsehen erregenden Prozess geriet auch der Name seiner Heimatprovinz weltweit in die Medien – Badiraguato. Mexikos Präsident Manuel Lopez Obrador kündigte einen Besuch in der bisher wenig beachteten Bergregion im Bundesstaat Sinaloa an und versprach die Anpflanzung von Obstbäumen. Sogar ein Universität für Forstwirtschaft solle gegründet werden, so Obrador, um der verrufenen Provinz endlich ein besseres Image zu verpassen. Denn nicht nur der verurteilte Guzman stammt von dort, Badiraguato ist Heimat zahlreicher anderer bekannter Drogenbosse wie Miguel Angel Felix Gallardo alias „El Padrino“, Ernesto Fonseca alias „Don Neto“ oder Rafael Caro Quintero.

Dabei hat es denn Anschein, dass die Einwohner Badiraguatos den Narcos, wie die Drogenbosse landläufig genannt werden, deutlich differenzierter gegenüber stehen als die New Yorker Geschworenen.

In einem mittlerweile 20 Jahre zurückliegenden Interview erzählte mir Janeth Navidad R., Miss Badiraguato 1997, im Interview: „Der Drogenhändler, von dem ich erzählt habe, hat seine Gemeinde sehr unterstützt. Er heißt Caro Quintero. Er hat seinem Dorf und seinen Leuten sehr geholfen. Ja, wir leben besser. Es heißt sie schaden uns, aber sie helfen uns auch.“

Ein Polizeibeamter einer mexikanischen Anti-Drogeneinheit erläuterte mir später: „Wenn Sie auf die Straße gehen und zehn Leute von Angesicht zu Angesicht befragen, mit wem sie sich stärker identifizieren: Mit einem Politiker oder einem Drogenhändler, dann kann ich Ihnen garantieren, daß eine große Mehrheit sich mit dem Drogenhändler identifiziert. Aus vielen Gründen.“

Der Offizier Esteban M. beschrieb Rafael Caro Quintero folgendermaßen: „Er hat seiner Gemeinde viel Gutes gebracht. Er war ein sehr kluger Kopf. Er hatte ein Team von hochqualifizierten Leuten um sich: Chemiker, Biologen, Agronomen, Militärs, Polizisten. Er hat Bürgermeister und Bauernführer gekauft. Er hat Kirchen, Schulen, Kliniken, Straßen und Kanäle gebaut. Er war wie ein Gouverneur. Was ein Gouverneur machen hätte sollen, hat ein Narco gemacht!“

Noch ist das Strafausmaß nicht verkündet und Guzmans Anwalt hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass ein Prozess in Mexiko einen anderen Ausgang gehabt hätte. Tatsächlich gelang „El Chapo“ bereits zwei mal die Flucht aus einem mexikanischen Gefängnis.

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